Rechtliche Bewertung von minderjährigen Übungsleitern und Helfern im Verein

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Rechtliche Bewertung von minderjährigen Übungsleitern und Helfern im Verein

Weithin besteht bei unseren Vereinen Unklarheit darüber, ob Minderjährige (17 Jahre und jünger) mit Ausbildungsaufgaben und der oft damit einhergehenden Aufsicht über Kinder und Jugendliche betraut werden dürfen und welche Konsequenzen es hat, wenn z.B. ein minderjähriger Übungsleiter oder ein von diesem zu beaufsichtigendes Vereinsmitglied einen Schaden verursacht. Vorab ist festzuhalten, dass es...

Weithin besteht bei unseren Vereinen Unklarheit darüber, ob Minderjährige (17 Jahre und jünger) mit Ausbildungsaufgaben und der oft damit einhergehenden Aufsicht über Kinder und Jugendliche betraut werden dürfen und welche Konsequenzen es hat, wenn z.B. ein minderjähriger Übungsleiter oder ein von diesem zu beaufsichtigendes Vereinsmitglied einen Schaden verursacht. Vorab ist festzuhalten, dass es nicht generell unzulässig ist, Minderjährige für Vereinsaufgaben heranzuziehen, sie sogar unmittelbar als Übungsleiter oder als Gehilfen eines Übungsleiters einzusetzen.

Folgende Fallgestaltungen sind beispielweise in der Vereinspraxis denkbar:

Ein Vereinstrainer begibt sich zu seinem vor dem Sportgelände abgestellten PKW, um einen Verbandskasten zu holen, weil er einen verletzten Trainingsteilnehmer behandeln muss. Für die Zeit seiner Abwesenheit bittet er einen Minderjährigen ,die Aufsicht über die Vereinsgruppe zu übernehmen. Hier wäre von einer reinen Gefälligkeit ohne Rechtsbindungswillen auszugehen, die weder vertragliche Ansprüche, noch Ansprüche aus Verletzung der Aufsichtspflicht (§ 832 BGB) gegen den Minderjährigen auslösen könnte. Die Frage, inwieweit etwa der Verein in Anspruch genommen werden könnte, wird später zu beantworten sein.

Geht das Engagement Minderjähriger im Verein jedoch über solche reinen Gefälligkeiten hinaus, kann es sich um ein Auftragsverhältnis im Sinne von § 622 BGB handeln, wenn das Training unentgeltlich (eventuell gegen Auslagenerstattung) übernommen wird. Dies könnte der Fall sein, wenn der Vereinsvorstand eine(n) zwar noch minderjährigen, aber erfahrenen Turniertänzer/in damit beauftragt, für die Zeit eines krankheitsbedingten Ausfalls des etatmäßigen Übungsleiters das Training einer Jugendgruppe zu übernehmen.

Schließlich könnte der Verein sogar mit einem Minderjährigen einen entgeltlichen Übungsleitervertrag (als freier Mitarbeiter oder Arbeitnehmer) für das regelmäßige Training einer Vereinsgruppe abschließen. In beiden Fällen ist jedoch zu beachten, dass sich der Verein zu vergewissern hat, dass der Minderjährige für die vorgesehene Aufgabe und die fragliche Gruppe die fachliche Qualifikation (Lizenz ist nicht zwingend) und das erforderliche Verantwortungsbewusstsein hat. Des weiteren ist zu beachten, dass Minderjährige ab Vollendung des siebten Lebensjahres bis zur Erreichung der Volljährigkeit beschränkt geschäftsfähig sind und zur Annahme derartiger Aufträge bzw. zur Eingehung von Übungsleiterverträgen der Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter bedürfen (§§ 106, 107 BGB). Nimmt ein Minderjähriger einen Auftrag ohne Einwilligung an oder schließt er ohne Einwilligung einen Übungsleitervertrag ab, hängt die Wirksamkeit der Vereinbarung von der (rückwirkenden) Genehmigung durch die gesetzlichen Vertreter ab (§ 108 BGB). Einwilligung bzw. Genehmigung können auch stillschweigend oder kraft Duldung - das heißt, wenn Eltern wissend um das Engagement ihrer Kinder nicht einschreiten - erfolgen.

Würde der Minderjährige bei der Ausführung seines Auftrages oder der Erfüllung seines Übungsleitervertrages eine schuldhafte, rechtswidrige, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung (Unterlassung) begehen oder auf Grund einer Aufsichtsverletzung ein Trainingsteilnehmer einen anderen Trainingsteilnehmer schädigen, könnte der Minderjährige lediglich dann persönlich in Anspruch genommen werden, wenn er vorsätzlich gehandelt oder grob fahrlässig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hätte. Für Fahrlässigkeit haftet er nicht. Ein Anspruch aus Vertragsverletzung würde sich ohnehin unmittelbar gegen den Verein richten, der nach § 278 BGB für das Verschulden des minderjährigen Erfüllungsgehilfen einzutreten hat und nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit Regress nehmen könnte. Selbst für gesetzliche Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) oder Aufsichtsverletzung (§ 832 BGB) billigt die ganz einheitliche Rechtsprechung angestellten wie ehrenamtlichen Übungsleitern Haftungserleichterungen zu, indem sie ihnen gegen ihre Auftrag- oder Arbeitgeber einen Freistellungs- bzw. Erstattungsanspruch zubilligt, soweit sie lediglich leichte und nicht grobe Fahrlässigkeit trifft.

Die gleiche Rechtslage ergibt sich, wenn der Minderjährige von einem Erfüllungsgehilfen des Vereins (z.B. Übungsleiter/Trainer) beauftragt worden wäre. Soweit die Vereine danach für die Fahrlässigkeit ihrer Übungsleiter einzustehen haben, besteht für sie wiederum der Sportversicherungsvertrag zwischen dem Sportbund und der Sportversicherung. Ein minderjähriger Übungsleiter selbst genießt zudem nach diesem Sportversicherungsvertrag den gleichen Versicherungsschutz wie ein erwachsener Übungsleiter. Als Verseinsmitglied ist er unfall-, haftpflicht- und rechtschutzversichert. Wäre er Arbeitnehmer, bestünde Unfallversicherungsschutz durch die Verwaltungsberufsgenossenschaft.

Fazit: Wählt ein Verein einen Minderjährigen ordnungsgemäß aus (fachliche wie menschliche Eignung) und liegt das Einverständnis oder die Genehmigung der gesetzlichen Vertreter vor, bestehen somit keine rechtlichen Bedenken, diesen Minderjährigen als Übungsleiter einzusetzen, wenn der Verein dessen Tätigkeit regelmäßig überwacht.

Zusammengestellt von Holger Liebsch
DTV-Präsidium
(Quelle: Sportbund Rheinland)

von Daniel Reichling Uhr

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